Neuer Jahres Song

35-Jahre-Bühne

Es ist sein warmes Lächeln, sein stets sanfter Blick, als
wolle er einem sagen: „Nimm´s leicht, schau auf die
Sonne, die leuchtenden Sterne, und fühle die Liebe.“
Eine Aura der Leichtfüßigkeit umstrahlt ihn dabei,
lebensfroh und irgendwie mit einer Prise Dankbarkeit angereichert, welche ihn ganz nah, wohltuend
unspektakulär erscheinen lässt. Und Vielen ergeht es
so, dass sich ein unsichtbares Band zu ihm knüpft,
wobei spontan das Gefühl von geborgener Freundschaft aufkommt. Zu ihm, diesem großgewachsenen
Mann, der so gar nicht Platz greift, sich ohne Aufsehen einreiht, sich viel eher am Rande wohlerfühlt. Mit
den Jahren sind seine Locken ergraut, auch sind diese
ein wenig lichter geworden. Und bemerke ich in letzter
Zeit zuweilen doch einen etwas schwerer gewordenen
Gang, leicht nach vorn gebeugt, so weiß ich doch, es
ist nur eine Nuance, kein Grund für trübe Gedanken,
einfach der Lauf der Zeit. Dieser geht auch an ihm
nicht spurlos vorbei, an meinem Freund, der trotz aller
erlebten Widrigkeiten so unkaputtbare Glaubensritter
seiner Träume, der Mensch und Musiker, dessen Laudatio zum 35-jährigen Bühnenjubiläum – es beginnt
ganz offiziell im April diesen Jahres – ich die Ehre zu
verfassen habe. Doch bevor Sie seinen Namen jetzt vernehmen möchte ich zuallererst eine tiefe Verbeugung
machen, vor ihm, seiner Persönlichkeit, seiner Kunst
und seinem Geschaffenen. Und nun öffne ich den
Vorhang und bitte ihn unter Ihrem Applaus auf seine
Bühne: Meine Damen und Herren, hier ist er: Sascha
Klaar!
Lieber Freund, es ist Deine Ehrung, und ich werde den
Teufel tun, mich hier mit Lob zurückzuhalten. Vermeiden aber werde ich auch, Dich – trotz all der von Dir
gesammelten Meriten – allein auf die Musik zu reduzieren. Sie hat natürlich am Anfang zu stehen, schließlich feiern wir Dein Bühnenjubiläum. Drum lass mich
mit dem Jahre 1989 beginnen. Du warst gerade einmal 18 Jahre alt, doch hattest Du bereits Dein Debüt
als Berufsmusiker. Fern der Heimat, in der Schweiz, im Städtchen Brunnen am Vierwaldstätter See. Die
erlernte Orgel war in ein Piano getauscht, und Dein
Engagement führte Dich als Rock ´n´ Roll- und Boogie-Woogie-Pianist dort auf die kleinen Bühne in der
Bar „Weinkeller“ des Hotels „Eden“. Von dort, Deiner
Feuertaufe im Jahr 1989, bis heute kannst Du auf eine
35-jährige Karriere blicken, die so außergewöhnlich ist,
dass es einem schon ein wenig den Atem raubt. Hier ein
paar Schlaglichter: Du spieltest auf Bühnen in Peking,
Shanghai, Moskau, Paris, dann in Rio de Janeiro zur
Fußball-WM, zur Olympiade in London. Du und Dein
Klavier reisten durch fast ganz Europa sowie natürlich
durch Deutschland, insbesondere nach Düsseldorf,
Deiner zweiten Heimat. Es wurden Dir namhafte Preise
verliehen, wie z. B. der Ehrenpreis für Nachwuchskünstler, der „Preis des Deutschen Popfestivals“ in Dresden/
Kulturpalast (Franz Grothe-Stiftung), verschiedene
internationale Showpreise und zuletzt das „Goldene
Fanlight“. Du wurdest zudem als „Künstler des Jahres“ sowie als „Entertainer des Jahres“ ausgezeichnet.
Und immer wieder standest Du mit Weltstars wie Ray
Charles, Mr. Acker Bilk, Papa Bue, den Jackson Singers
auf der Bühne oder arbeitest mit Michael Holm zusammen. Mit Deinen Markenzeichen, dem roten Piano
und Deinen roten Slippern, bist Du bis heute häufiger
Stargast in bekannten TV-Formaten wie z. B. „Immer
wieder sonntags“ oder dem „ZDF-Fernsehgarten“. Das
spektakulärste Event-Element aber, welches auf Deiner ureigenen Idee beruht, ist das „Flying Piano“ – Du
drehst Dich spielend kopfüber um die eigene Achse
und stellst damit so manchen Zirkus-Artisten in den
Schatten. Dass Du komponierst und Deine Texte selbst
schreibst, es längst auf eine stolze Sammlung nicht nur
wunderbarer, zudem auch erfolgreicher Songs gebracht
hast, ist nur für Menschen verwunderlich, die Dich
nicht kennen. Deine Quirligkeit, Deine Rastlosigkeit
im musikalischen Schaffen, Deine Empathie und Dein
Gespür für Dein Publikum lassen gar nichts anderes zu,
als sich auch als Singer-Songwriter zu betätigen. Und
das macht heute eine stattliche Extraportion in Deinem Erfolgsportfolio aus.

Mit diesem Elan und Deinem positivem Ehrgeiz bist Du
dann auch 2017 auf Deine Lieblingsinsel Gran Canaria
übergesiedelt. In der TV-Serie „Goodbye Deutschland“
konnten alte und neue Fans miterleben, wie ihr Teufelspianist seine Bar „Sascha´s Piano“ plante, eröffnete
und – ja leider nach sehr viel Ärger mit der dortigen
Nachbarschaft und den Behörden – zuschlechterletzt
wieder schließen musste. Aber als Stehaufmännchen
hast Du auch diese Kerbe schnell wieder kitten können. Mit über hundert Auftritten im Jahr ist Deine
Bühnenfrequenz enorm gewesen. Dann kam Corona,
und es war für Dich wie für die ganze Branche: Der
Stopp sämtlicher Auftritte. Ein bitterer Tiefschlag,
dem Du allerdings mit Pfiffigkeit und Ideenreichtum
clever ausgewichen bist. Mit kleinen, noch zulässigen
Events auf Deinem Schiff, der schönen Yacht „Melody“,
auf der Du „Privatkonzerte“ inklusive Rheinausfahrt
angeboten hast, konntest Du Deiner Kunst zumindest
noch grundlegend nachkommen. Ich hatte das Vergnügen bei einigen dieser Acts dabei zu sein – traumhaft
schön, clubartig, intim, mit ganz besonderer Atmosphäre. Und zwischenzeitlich längst nicht mehr nur ein
Ersatzmodell.
Es ist nun aber Zeit, dass ich, wie eingangs angekündigt, zum Menschen Sascha Klaar komme, dem Sohn,
dem Ehemann, dem Vater und dem Hunde-Herrchen.
Und dieser Teil soll mit demjenigen beginnen, der als
Leitfigur für Dich so lange und so enorm bedeutsam
war und dessen Strahlkraft Dich bis heute erreicht. Nun
aus den Tiefen des Irgendwo, aus der uns Lebenden
verborgenen Welt, in der unsere geliebten Menschen
mit ihrem Bewusstsein weiterexistieren. Die Rede ist
von Deinem Vater. Er war Dein fürsorglicher Mentor,
Dein guter Geist, vom ersten Kochlöffeltrommeln auf
Küchentöpfe, über das Orgelspiel bis zum Piano. Er war
es, der Dich als noch so oft an den Bühnenrand begleitet
hat und dessen Kritik Dir das Wichtigste wurde. Nach
seinem Autounfall, durch den er nicht mehr arbeiten
konnte, hast Du die Entscheidung getroffen, Deine
Schule abzubrechen, vom Gymnasium abzugehen und
den Familienunterhalt zu verdienen. Als Musiker.
Es war Dein Anfang, in der Schweiz. Dein Vater konnte
Dich noch einige Zeit begleiten, fuhr Dich immer wieder zu Deinen Auftritten, unterstützte Dich mit all
seiner letzten Kraft, die ihm noch geblieben war, bis
zuletzt, bis ihn eine böse Krankheit endgültig von Deiner Seite riss und eine blutige Wunde in Deiner Seele
hinterließ. Aber Du weißt es, und die Dich Liebenden
wissen es ebenso: Er ist und bleibt als Engel für Dich
da. Allgegenwärtig. Wie die Liebe selbst.
Und wie wunderbar ist hiermit doch die Überleitung zu
Deiner Ehefrau Aneta, Deiner Tochter Melody, Deiner
Mutter und somit zu Deiner kleinen Familie geschaffen. Die Liebe nicht nur als Bindeglied für Euch alle,
auch als Hort der Entstehung Deines Töchterleins, die
nun mit aller Zuwendung Eurer Herzen ins Leben geleitet wird. Deine große Liebe zu Deiner wunderbaren
Frau, sie, die Dir so kontinuierlich zur Seite steht und
deren immer wiederkehrendes Lachen, ihre Fröhlichkeit alle Menschen begeistert, Dein Entzücken über
Melody, deren hübsches Stimmchen sich schon heute
auf der Bühne zeigen kann, all das ist pures Glück für
Dich. Dein Glück, dass Deine Mutter nah bei Euch ist,
und selbst Labradorhündin „Elli“, das jüngste Familienmitglied – sie folgte dem unvergessenen Cockerspaniel „Skipper“ – sorgt als neue Familienfellnase für ein
ordentliches Plus an Freude und so schöner Liebe.
Was drücke ich mit all dem aus? Es ist der Versuch,
einen ganz großartigen Menschen zu beschreiben,
dessen Hingabe und Professionalität zu seinem Beruf,
dessen Freude und Kontinuität an der Ausübung,
vor allem aber dessen Liebenswürdigkeit, Herzlichkeit, Treue und Liebe zur Familie und seinen engsten
Freunden – auf und neben der Bühne – von so wunderbarer Größe ist. Und Du bist es selbst, der all diese
Eigenschaften erzeugt und das Geschehen prägt, ganz
ohne spektakuläres Aufsehen, völlig frei von Arroganz.
Immer nah, immer „anfassbar“, auch für Deine Fans.
Du bist es, der die vielen Bausteine zu einer Gesamtheit
verbindet, die sich für Dein Publikum als „tolle Musik“
von einem „tollen Künstler“ darstellt. Was so einfach
anmutet, so trivial klingen mag – „toll“ – ist jedoch die
höchste Schule. Wie Atome zu Elementen, Elemente
zu Molekülen, und Moleküle zu dem großen Ganzen
fügst Du zusammen, was sich uns als herrliche Songs,
mitreißende Rhythmen und begeisterndes Entertainment darbietet. Du bist es, der diese Kunst der Künste
beherrscht, dessen Persönlichkeit und Wahrnehmung der Liebe uns so viel Freude schenkt. Und mit dem Blick
auf Dich, auf Dein bisheriges Lebenswerk, verneige ich
mich abermals vor Dir. Vor Dir als großen Magier der
Musikzauberwelt. Vor Dir als wunderbaren Menschen.
Vor Dir als meinem Freund.
Lass unseren Blick nun aber noch einmal in die Ferne
gleiten. An das Seeufer des Schweizer Örtchens Brunnen. Über dem Städtchen thront majestätisch der
auf seiner Spitze noch mit Schnee bedeckte „Großer
Mythen“. Blaugrün glitzernd, wie ein gigantischer
Aquamarin, erstreckt sich zu Bergesfüßen der im
Sonnenlicht funkelnde See, den Blick auf Luzern freigebend, das sich, leicht verschwommen, durch das Flimmern über dem klaren Wasser am Horizont abzeichnet.
Schwäne und schnatternde Enten schwimmen am
Uferrand, während sich mit einem langen Signal ihres
Schiffshorns die weiße „Waldstätter“ nähert. Über
ihrem geschwungenen Heck weht stolz die rote Fahne
mit dem Schweizerkreuz. Du sitzt im Schatten von Platanen auf einer Bank an der Seepromenade, vor dem
alten weißen Hotel, dessen säulenverzierte Balkone
mit ihren blauen Markisen wie dem See zugewandte
Theaterlogen anmuten. Der Duft frühsommerlicher
Blumen liegt in der Luft, und in der leichten Seebrise
drehen Möwen segelnd ihre Runden. Jetzt schließt Du
die Augen, atmest tief durch und denkst zurück. An
damals, an den Anfang. Es erklingt ein Piano. Noch
ganz aus der Ferne, dünn und irgendwie blechern.
Jemand spielt einen Boogie-Woogie. Die Musik nähert
sich und ist im Nu ganz plötzlich volltönend in Deinem
Ohr. Dazu erscheint ein Bild. Ja, Du bis es selbst, als
junger Mann, wie Du in dieser Bar um die Ecke spielst.
Und es ist Dir wie gestern, vor 35 Jahren. Doch ohne
Sehnsucht oder Wehmut, ohne Tränen um die Zeit.
Und es umfasst Dich ein liebevolles Licht, ergreift mit
dem Funken eines Augenblicks Deine ganze Seele, und
Du hörst ein Flüstern, ein leises „Toi-Toi-Toi“. Und die
Stimme sagt Dir sanft: „Sei glücklich! Denn Du blickst
auf einen vor langer Zeit hervorgezauberten, nun
schon längst erfüllten Traum. Er ist der Deine. Du hast
an diesen geglaubt. Und ich bin stolz auf Dich“.

So ende ich hier.
Der Vorhang bleibt offen.
Es ist Deine Show.
Schön, dass es Dich gibt

von Stefan G. Rohr, https://www.belletristik.online